Reiserecht der §§ 651 a ff BGB

Reiserecht der §§ 651 a ff BGB

Das Reiserecht der §§ 651 a BGB bis 651m BGB erfordert eine Spezialisierung der Rechtsanwälte, da die Kenntnis der Rechtsprechung in den meisten Fällen prozessentscheidend ist.

Das Reiserecht der §§ 651 a ff BGB betrifft die Rechtsbeziehungen zwischen dem Reiseveranstalter und dem Reisenden. Es bezieht sich nur auf Pauschalreisen. Diese liegen vor, wenn mindestens zwei der nachfolgend genannten Leistungen zu einem Gesamtpreis angeboten werden, wobei der Anbieter die Erbringung in eigener Verantwortung übernimmt und keine der Leistungen eine nur ganz untergeordnete Bedeutung haben darf.

Bei den Leistungen handelt es sich um:
- Beförderung
- Unterbringung
- andere touristische Leistungen

Im Gegensatz dazu finden die §§ 651 a ff BGB keine Anwendung auf Individualreisen (vom Reisenden selbst zusammengestellte Reisen oder Buchung von Einzelleistungen (Nur-Hotel oder Nur-Flug). Hier kommt regelmäßig Kauf-, Werk - oder Mietvertragsrecht zur Anwendung.

Folgendes ist aber zu beachten:

Falls eine Agentur oder ein Reisevermittler ein Hotelzimmer katalogmäßig wie ein Reiseveranstalter anbieten, liegt zwischen dem Anbieter und dem Reisenden ein Reisevertrag in analoger Anwendung von § 651 a BGB vor (Soergel/Eckert § 651 a Rdn. 23; AG Bad Homburg, RRa 2005, 239 = NJW-RR 2005, 856; AG München RRa 1996, 109; LG Frankfurt/M NJW-RR 1993, 124; LG Frankfurt /M NJW-RR 1990,957).

§ 651 f BGB ist auf Vermittlungsverträge analog anwendbar (AG Waldshut-Tiengen, NJW-RR 1988, 952).

Im Falle einer schuldhaften Pflichtverletzung ist der Reisende so zu stellen, als ob der Reisevermittler der Erfüllung seiner Auskunfts- und Beratungspflicht sorgfältig nachgekommen wäre.

Zu ersetzen sind alle unmittelbaren und mittelbaren Nachteile des schädigenden Verhaltens. Die Schadenshöhe richtet sich nach §§ 249 ff BGB.

Wenn eine Ferienwohnung von einer Privatperson angemietet wird, gilt Mietrecht.

Hier sollten Sie bedenken, dass es hinsichtlich der Frage, welches Recht zur Anwendung kommt, darauf ankommt, wo die Ferienwohnung liegt. Mängel der Ferienwohnung (wenn privat angemietet) müssen also am Ort der Immobile geltend gemacht werden.

Wenn von Reiseveranstaltern im Reisekatalog falsche Angaben gemacht werden und die Realität anders aussieht, kann der Reisende unter Umständen einen Teil des Reisepreises zurückverlangen.

Soweit Mängel am Urlaubsort aber nicht gerügt werden, kann dies dazu führen, dass sämtliche Ansprüche ausgeschlossen sind.

Ansprüche nach den §§ 651 c bis § 651 f BGB hat der Reisende innerhalb eines Monats nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise gegenüber dem Reiseveranstalter geltend zu machen. Versäumt der Reisende diese Frist, kann er unter Umständen keine Rechte mehr geltend machen.

Entscheidend sind in diesem Zusammenhang Art und Weise des Vertragsschlusses.

Die Reiseveranstalter versuchen oftmals, durch Übersendung von Schecks über eine unzureichende Summe Prozesse zu vermeiden.

Vor Einlösung dieser Schecks raten wir dringend ab, da die Reisenden sich sonst mit den geringen Beträgen abgefunden haben und vor Gericht keine weiteren Forderungen mehr geltend machen können.

Bei Hinweis der Reiseveranstalter auf Allgemeine Reisebedingungen/Allgemeine Geschäftsbedingungen ist anwaltlich überprüfen zu lassen, ob einzelne Klauseln überhaupt zulässig sind.

Die „Frankfurter Tabelle” und die „Kemptener Reisemängeltabelle“ stellen Minderungsquoten dar, die je nach Reisemangel variieren.

Die Minderungsquoten sind für die Gerichte nicht bindend, stellen aber eine ungefähre Größenordnung dar.

Wichtiger ist die Kenntnis der örtlichen Rechtsprechung des Prozessgerichts.

Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles und eine Erfahrung im Umgang mit Minderungsquoten.

Gem. § 651 f II BGB kann der Reisende zusätzlich zur Minderung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen, wenn die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt wird. Zur Berechnung wird überwiegend der Tagesreisepreis herangezogen und mit der Anzahl der vom Mangel betroffenen Tage multipliziert.

Die Kündigung des Reisevertrages wegen höherer Gewalt ist oftmals Streitgegenstand.

Wird die Reise infolge bei Vertragabschluss nicht voraussehbarer höherer Gewalt erheblich erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt, so können sowohl der Reiseveranstalter als auch der Reisende den Vertrag kündigen.

Der Reiseveranstalter verliert in diesem Fall seinen Anspruch auf den Reisepreis.

Wenn die Reise bereits angetreten wurde, kann der Reiseveranstalter eine Entschädigung für die bereits erbrachten Reiseleistungen verlangen.

Der Reiseveranstalter ist jedoch - falls der Reisende dies wünscht - im Falle der Kündigung verpflichtet, den Reisenden schnellstmöglich zurückzubefördern.

Mehrkosten (u.a. Übernachtungskosten, Verpflegungskosten) hat der Reisende zu tragen (§ 651 j Abs.2 BGB).

Der Reisende kann aber stattdessen auch kostenlose Umbuchung auf den nächstmöglichen Rückflug verlangen.

Die Mehrkosten für die Rückbeförderung sind zwischen dem Reisenden und dem Reiseveranstalter zu teilen.

Der Reisende kann im Falle des verspäteten Rückfluges den Reisepreis ggf. mindern, solange der Reisevertrag nicht (wirksam) gekündigt wurde.

Sofern Reisende am Urlaubsort im gebuchten Hotel durch defekte Einrichtungen zu Schaden kommen, können Sie unter Umständen Schadensersatz (auch) vom Reiseveranstalter fordern.

Voraussetzung ist ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten des Hotelbetreibers. Reisende haben in diesem Fall Anspruch auf Erstattung der Arztkosten, Fahrtkosten zum Arzt, des Zeitwerts von beschädigter Kleidung oder anderer Gegenstände.

In Fällen dieser Art haben die Reisenden zumeist auch Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit.